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Wie fühlt es sich an, eine Fender Custom Shop Gitarre zu besitzen?

Was genau ist die Fender Custom Shop Abteilung?

Es gibt viele Missverständnisse über Fender Custom Shop Gitarren. Angesichts der fast 80-jährigen Geschichte von Fender ist der Custom Shop als eigenständige Abteilung noch relativ jung. 1985 kauften Fender-Mitarbeiter zusammen mit einigen Investoren das Unternehmen auf. Der Custom Shop wurde 1987 gegründet, um Fender vor dem Bankrott zu retten, und sollte Fenders Spezialeinheit werden. Die Besten der Besten wurden für diese Aufgabe ausgewählt, angefangen mit den beiden Gitarrenbaumeistern John Page und Michael Stevens (die Geschichte ist bereits ausführlich auf der Website des Guitar Magazine beschrieben , daher wiederholen wir sie hier nicht). Das Team hatte den Auftrag, etwas Atemberaubendes für die NAMM Show 1987 zu entwickeln und begann daher in einer Garage. Schon witzig, wie viele große Projekte (ob Apple Computer oder James Tyler Guitars) in einer Garage ihren Anfang nehmen, nicht wahr? Wie dem auch sei, das Projekt war ein Erfolg, und die Idee des Fender Custom Shops begann, dem Unternehmen beträchtliche Gewinne zu bescheren.

Wo steht der Fender Custom Shop 35 Jahre später? Man kann ihn sich als eine etwas andere Marke vorstellen, die sich auf die Fertigung klassischer (aber nicht ausschließlicher, sondern mitunter außergewöhnlicher) Modelle mit individuellen Ausstattungsmerkmalen spezialisiert hat. Sie fertigen Gitarren aus ausgewählten Hölzern, handgewickelten Tonabnehmern, in ungewöhnlichen Farben und mit speziellen Lackierungen (z. B. im Relic-Stil). Bei der Bestellung einer Custom-Shop-Gitarre von Fender können Sie aus einer riesigen Auswahl an Features für das jeweilige Modell wählen: Halsformen, Tonabnehmerkombinationen, Hölzer, von denen Sie noch nie gehört haben, und Farben, die Sie sich nur vorstellen können. Weitere Details finden Sie im Fender CS Bestellleitfaden .

Fender Custom Shop Stratocaster 1959 Korpus

Der Custom Shop ist anderen Boutique-Gitarrenmarken in Sachen Bekanntheitsgrad und Ansehen in der Gitarrenszene um Längen voraus. Die Idee, komplett individualisierte Gitarren herzustellen, war 1987 nicht neu; in Los Angeles boten Hersteller wie Schecter oder Valley Arts Guitars schon viel früher in ihren Werkstätten ein hohes Maß an Individualisierung an. Heute ist der Fender Custom Shop neben Gibson Custom wohl die bekannteste Boutique-Gitarrenmarke.

Wie ist die Qualität der Custom-Shop-Produkte?

Neben ihrer herausragenden Gitarrenbaukunst verfügen die Fender-Gitarrenbauer über einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Herstellern klassischer Gitarren: das Wissen und die Kontakte, die sie in fast 80 Jahren Forschung und Entwicklung bei Fender gesammelt haben. In dieser langen Zeit konnten sie aus Fehlern lernen, bewährte Verfahren anwenden, Instrumentenbautechniken perfektionieren und hatten privilegierten Zugang zu erstklassigen Hölzern und modernster Elektronik aus eigener Herstellung. Ich bin überzeugt, dass es in den Fender-Lagern Dinge gibt, die man nirgendwo sonst findet.

Betrachtet man den heutigen Gitarrenmarkt, so herrscht deutlich mehr Wettbewerb, eine höhere Markenbekanntheit und es gibt „neue“ Hersteller wie Suhr, Xotic, Anderson Guitarworks und James Tyler Guitars. Die Qualität moderner Boutique-Gitarren ist extrem hoch (und die Preise sind entsprechend hoch), sodass Fehler kaum verziehen werden.

Wir haben diverse Custom-Shop-Gitarren aus den 2000er-Jahren getestet, darunter auch Master-Modelle (Paul Waller, Jason Smith, Denis Galuszka). Jede einzelne war definitiv anders und orientierte sich nicht immer eng an den Vintage-Spezifikationen (beispielsweise die Postmodern-Serie). Das ist das Besondere an Custom-Shop-Gitarren: Man erwartet zwar höchste Qualität, aber die Spezifikationen eines bestimmten Instruments müssen nicht unbedingt dem eigenen Geschmack entsprechen. Es sind schließlich maßgeschneiderte Kreationen, die speziell für einen bestimmten Kunden angefertigt werden.

Halsverbindung der Fender Custom Shop Telecaster

Wir sind persönlich der Meinung, dass die Qualität der Custom-Shop-Gitarren aus den späten 2010er-Jahren sehr hoch ist, möglicherweise sogar höher als die älterer Modelle (aus dem ersten Jahrzehnt der 2000er-Jahre). Die aktuell produzierten Modelle sind schlichtweg atemberaubend und vereinen erstklassige Handwerkskunst mit zuverlässigen, hochwertigen Materialien. Nur Fender kann seine Originalgitarren so fertigen, wie sie es tun – mit Vintage- oder moderneren Halsprofilen, Kopfplatten und Korpussen in exakten Maßen. Während einige Teile (wie beispielsweise handgewickelte Tonabnehmer von Josefina Campos oder Abigail Ybarra) speziell für den Custom Shop hergestellt werden und sehr teuer oder sonst gar nicht erhältlich sind, verwendet der Custom Shop auch Standardteile von American Original, wie Stegblöcke oder Tremolohebel.

Der Trend, neue Gitarren künstlich zu altern, ist ungebrochen, und es ist heutzutage üblich, dass Custom-Shop-Gitarren zumindest eine leichte Alterung aufweisen. Journeyman Relic ist eine gängige Art der Alterung und wirkt bei aktuellen Custom-Shop-Gitarren sehr überzeugend. Sie versprühen den Vintage-Charme einer Gitarre, die zwar gut gepflegt wurde, aber auch 60 Jahre Tournee hinter sich hat.


Was erhält man beim Kauf einer Custom Shop Gitarre?

Wenn Sie nicht genau wissen, was Sie beim Öffnen des Koffers einer Fender Custom Shop Gitarre erwartet, finden Sie hier eine Zusammenfassung dessen, was Sie bei aktuell hergestellten CS-Gitarren erwarten können (verschiedene Zubehörteile und Extras haben sich im Laufe der Jahre geändert, daher können Ihre Erfahrungen abweichen).

Fender Custom Shop Gitarrenkoffer und Zubehör

Sie unterscheiden sich etwas von regulären, in den USA gefertigten Modellen, angefangen beim Koffer selbst: Er ist mit gelbem, rotem oder schwarzem Wildleder bezogen und trägt das Logo des Fender Custom Shops. Im Kofferfach befinden sich Tremolohebel, Aschenbecherabdeckung für die Brücke, manchmal ein Gitarrengurt, Aufkleber und der Fender-Katalog. Gitarren mit schwebender Brücke werden üblicherweise mit fünf Federn geliefert. Viele Gitarristen verwenden alle, wenn sie das Tremolo fixieren möchten. Bei einem zweiseitig schwebenden System werden jedoch meist weniger als fünf Federn benötigt, sodass die zusätzliche Feder im Kofferfach aufbewahrt werden kann. Oft wird auch die kleine Feder vergessen, die in die Schraube des Tremolos eingesetzt wird. Sie dient jedoch häufig dazu, die Spannung des Tremolohebels zu unterstützen.

Die beiden wichtigsten Dokumente, die Ihrer Custom-Shop-Gitarre beiliegen, sind das Echtheitszertifikat (oft kurz COA genannt) und der Floor Shop Traveller. Das Echtheitszertifikat belegt, dass Ihre Gitarre ein Originalprodukt des Fender Custom Shop ist (und beispielsweise nicht gestohlen wurde). Es handelt sich um ein Stück festes, kartonartiges, graues Papier mit dem Modellnamen, der Seriennummer und der Unterschrift des Leiters des Fender Custom Shop. Der Floor Shop Traveller enthält detaillierte Spezifikationen Ihrer Gitarre: von der Farbe über die Tonabnehmer und die verwendeten Hölzer bis hin zu den Abmessungen und Sonderausstattungen. Nehmen Sie sich Zeit, Ihre Gitarre kennenzulernen – Sie werden überrascht sein, wie viele individuelle Merkmale sie aufweisen kann. Dies ist die umfassendste Informationsquelle zu jeder einzelnen Custom-Shop-Gitarre. Aktuell werden diese Dokumente in einem Lederetui aufbewahrt, aber das war nicht immer so.

Die Gitarre selbst

Wie ich bereits mehrfach erwähnt habe, ist jede Fender Custom Shop Gitarre einzigartig. Es gibt einige wichtige Merkmale, auf die Sie achten sollten.

Fender Custom Shop Stratocaster 1959 Halsrückseite

Das Spielgefühl einer Gitarre hängt maßgeblich vom Hals ab: seiner Form, dem verwendeten Holz usw. Es gibt nahezu jedes erdenkliche Halsprofil, aber unser Favorit ist das moderne C-Profil. Es ist schlank, aber dennoch präzise definiert. Wir bevorzugen außerdem die Hälse von Relic-Gitarren mit abgeschliffener Oberfläche. Sie fühlen sich sehr glatt an und sind imprägniert, sodass sie mit der Zeit nicht beschädigt werden. Generell gefällt uns das Spielgefühl eines stark bespielten, seidenmatten Halses. Wer das Spielgefühl einer brandneuen Gitarre bevorzugt, kann sich natürlich für eine Closet Classic (auch bekannt als New-Old Stock) ohne jegliche Gebrauchsspuren entscheiden. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, einen ultradünnen Nitrozelluloselack zu wählen. Beachten Sie jedoch, dass sich die Farbe unter Sonneneinstrahlung mit der Zeit verändern kann. Das verleiht der Gitarre aber einen einzigartigen Charakter, da sie mit der Zeit eine schöne Patina entwickelt!

Die Kopfplatte ist und bleibt die originale, urheberrechtlich und patentrechtlich geschützte Fender-Kopfplatte. Eines der schönsten Hölzer für den Hals im Custom Shop ist geflammter Ahorn, der im Sonnenlicht wie Tigerstreifen glänzt. Das Griffbrett ist mit verschiedenen Radien erhältlich, vom klassischen 7,25"-Radius über den ausgewogeneren 9,5"-Radius bis hin zum bei modernen Gitarristen beliebten Compound-Radius. Wir würden uns für Letzteren entscheiden (9,5" - 12" ist ein Traum zum Spielen).

Dann haben wir den Korpus. Die beiden gängigsten Hölzer sind Erle (häufig bei Stratocasters verwendet) und Sumpfesche (die erste Wahl bei Telecasters). Es herrscht die weitverbreitete Ansicht, dass leichtere Gitarren begehrter und aus irgendeinem Grund einfach „besser“ seien. Ob das stimmt oder nicht, wollen wir hier nicht diskutieren, aber eines ist sicher: Telecasters aus Sumpfesche sind im Durchschnitt etwas schwerer als durchschnittliche Stratocasters aus Erle. Bei Custom-Shop-Modellen findet man jedoch relativ leichte Exemplare. Ein hilfreiches Merkmal ist die Option „Sortieren: Ja“ im Floor Shop Traveller. Soweit wir wissen, bezieht sich diese Option auf eine spezielle Holzauswahl aufgrund des geringen Gewichts oder der optischen Struktur, aber in vielen Fällen ist dieses Holz ein nettes Extra.

Fender Paul Waller Masterbuilt Stratocaster 2009

Bei den Tonabnehmern gibt es im Wesentlichen zwei Konfigurationen: Entweder man wählt die regulären Custom-Shop-Tonabnehmer (z. B. Fender Texas Special oder Fender Fat 50s) oder handgewickelte Kreationen von berühmten Fender-Wickelmeistern wie Josefina Campos oder Abigail Ybarra oder legendäre Serien wie Ancho Poblano. Obwohl die regulären Tonabnehmer sehr gut sind, empfehlen wir Ihnen, wenn möglich, handgewickelte.

Für die übrige Hardware verwendet der Custom Shop bewährte Komponenten wie Vintage- oder moderne Mechaniken, 2- oder 6-Punkt-Tremolos, Telecaster-Brücken mit 3 oder 6 Saitenreitern, moderne oder Vintage-Verkabelung, Kondensatoren, Schalter usw. Die Konfigurationsmöglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. Übrigens: Viele dieser Features wurden von Fender selbst entwickelt. Entscheiden Sie sich also einfach für das, was Ihnen am meisten zusagt.

Die beste Custom-Shop-Gitarre aktuell?

Natürlich kann Ihnen der Fender Custom Shop jede gewünschte Gitarre anfertigen. Aber gibt es eine Gitarre, die Sie direkt aus dem Sortiment nehmen und sich sofort wie zu Hause fühlen könnten?

Ja, die gibt es – eine Stratocaster Postmodern Journeyman Relic, die Vintage- und moderne Spezifikationen vereint. Mit Compound-Radius und handgewickelten Dual-Mag-Pickups ist sie eine Hommage an die Moderne, behält aber die Vintage-Hardware, die hervorragende Holzqualität, das großartige 1959er D-Halsprofil und das atemberaubende Journeyman-Relic-Finish bei. Eine schlichtweg perfekte Stratocaster!

Fender Stratocaster Postmodern Journeyman Relic
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